Saubere Sache – Kälber enthornen

26 I Rinder BLW 1 I 4. 1. 2019 Namhafte Viehvermarktungsgenossenschaften und private Viehhandelsunternehmen aus Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen haben Mitte Dezember 2018 vereinbart, ab dem 1. 2. 2019 nur noch Kälber zu vermarkten, bei denen bereits gemäß den Vorgaben des Tierschutzgesetzes und nach guter fachlicher Praxis die Hornanlagen verödet wurden. Dazu gehört besonders auch, dass das Veröden so früh wie möglich, am besten in den ersten beiden Lebenswochen, durchgeführt wird. Der Marktanteil der bisherigen Unterzeichner der Vereinbarung umfasst bereits ca. 80 Prozent der Kälbervermarktung von Baden-Württemberg und Bayern in den Nordwesten Deutschlands. Deshalb weisen TGD Bayern, EG Weilheim, Mangfalltaler Jungbullen EG, VVG Oberbayern-Schwaben, Fleischprüfring, Verband der Milcherzeuger Bayern, Besamungsverein Neustadt/Aisch, EG Franken-Schwaben, Landesverband Bayerischer Rinderzüchter, Bayerischer Bauernverband, LKV Bayern, Bayerischer Vieh- und Fleischhandelsverband und EG Südbayern noch einmal nachdrücklich auf die grundsätzlichen fachlichen und rechtlichen Vorgaben hin, die beim Veröden der Hornanlagen zu beachten sind: ● ● ImRahmen des Tierschutzgesetzes gilt, dass bei Kälbern bis zu einem Alter von unter sechs Wochen (41. Tag) die Hornanlagen verödet werden dürfen, wenn dies für die vorgesehene Nutzung des Tieres zu dessen Schutz oder zum Schutz anderer Tiere unerlässlich ist. ● ● Auch der Arbeitsschutz, das heißt der Schutz der Landwirte, sollte beachtet werden. ● ● Der Landwirt darf das Veröden selbst vornehmen. Dabei ist die Verabreichung von Schmerz- und Sedierungsmitteln verpflichtend und außerdem seit 2015 CC-relevant. Außerdem ist es für ein tierschonendes Veröden wichtig, dies unter Berücksichtigung der körperlichen Verfassung des Kalbes so früh wie möglich durchzuführen, am besten in den ersten zwei Lebenswochen. ● ● Ab dem 42. Lebenstag ist das Veröden der Hornanlagen bzw. ein Enthornen gesetzlich verboten. Es darf nur im Einzelfall nach tierärztlicher Indikation (z. B. Hornbruch, eingewachsenes Horn) und unter Betäubung vom Tierarzt erfolgen. ● ● Laut der Verordnung zum Schutz von Tieren beim Transport ist es verboten, ein verletztes Tier zu transportieren. Dazu gehören auch noch nicht verheilte Wunden, die in Folge des Verödens entstanden sind. Die Verödung sollte daher bis spätestens 10 Tage vor dem Verbringen durchgeführt werden. ● ● Der TGD Bayern und die LfL haben bereits vor Jahren ein praxistaugliches Verfahren entwickelt (Infos siehe Beitrag ab S. 24). ● ● Die Hornloszucht wird auch weiterhin als langfristige Lösung von allen Beteiligten angestrebt. Wichtige Information für alle Kälberlieferanten Außerdem muss das Kalb vor Sonne, Niederschlag und extremer Kälte geschützt werden. Idealer Zeitpunkt ist um die Mittagszeit Den idealen Zeitpunkt für das Enthornen sieht Mehne um die Mittagszeit. „Denn dann hat das Kalb die Morgenmahlzeit weitestgehend verdaut und es bleibt genügend Zeit zur Erholung bis zur nächsten Tränke am Abend“, sagt er. Außerdem habe es sich bewährt, gleich in den ersten zwei Lebenswochen das Veröden vorzunehmen. Meist sind die Kälber da noch in der Einzelhaltung und können sich bis zum Umstallen in die Gruppe gut regenerieren. „Das Verödenmit demHeißluftfön ist eine äußerliche Anwendung auf der Haut, somit kommt es bei fachgerechtem Vorgehen in der Regel nicht zu Abwehrreaktionen beimKalb“, betont Mehne, der jedem Landwirt nur empfehlen kann möglichst bald auf den Fön umstellen, den Tieren und sich selbst zu Liebe. Max Riesberg Hörner einfach … Fortsetzung von Seite 25 Ausstieg aus der Anbindehaltung Die Anbindehaltung von Rindern wird derzeit heftig diskutiert (siehe Wochenblatt 51/S. 95). Der Bundesrat hat sich für ein Verbot der ganzjährigen Anbindehaltung ausgesprochen. Der Grund: Wegen der dauerhaften Fixierung sind die Tiere in ihrem Normalverhalten stark eingeschränkt. Die Anbindehaltung stellt deshalb kein tiergerechtes Haltungsverfahren dar. Das BMEL hat dasThünen-Institut damit beauftragt, die Folgen eines solchen Verbots abzuschätzen. Bundesweite Daten zur ganzjährigen Anbindehaltung existieren zwar nicht. Ihr Umfang lässt sich jedoch mit Daten aus der Landwirtschaftszählung 2010, in der auch Haltungsverfahren und Weidegang erhoben wurden, abschätzen: Demnach wurden auf 31 500 Betrieben rund 650 000 Kühe in ganzjähriger Anbindehaltung gehalten. Das entspricht rund 35 % der Milchviehbetriebe und 15 % aller Milchkühe. Von diesen Zahlen ausgehend und unter Berücksichtigung des Strukturwandels hat man hochgerechnet, dass bei der vom BMEL vorgeschlagenen Übergangsfrist bis 2027 schätzungsweise noch 13 500 Betriebe mit rund 270 000 Milchkühen von einem Verbot der ganzjährigen Anbindehaltung betroffen wären. Es gibt mehrere Möglichkeiten die Haltungsverfahren tiergerechter zu gestalten: Angebot von Weidegang, Bau eines Laufhofs, Umbau des Anbindestalls zum Laufstall oder Neubau eines Laufstalls. Wie sich die einzelnen Maßnahmen umsetzen lassen, hängt in hohem Maße von den betrieblichen Bedingungen ab. Dementsprechend variieren die Kosten (zwischen 0,26 und 13,42 ct/ kg Milch). Bei einem durchschnittlichen Auszahlungspreis der Molkereien von 27,2 ct/kg (2016) und 36,6 ct/kg (2017) wirkt sich ein Verbot somit erheblich auf die Rentabilität aus. Mit verschiedenen Fördermaßnahmen, wie z. B. tierbezogene Weideprämien und einer angepassten Investitionsförderung, könnten negative wirtschaftliche Effekte reduziert werden. Es ist allerdings zu erwarten, dass ein Verbot der ganzjährigen Anbindehaltung selbst mit einer flankierenden Förderung den Strukturwandel extrem beschleunigt. Infos unter: www.thuenen.de (Working Paper 111). 35 % der Betriebe in Deutschland hatten 2010 Anbindehaltung.

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